Es gibt bis heute keine offensichtlich, eindeutig und logisch nachvollziehbare Beweise von einer Begegnung zwischen Gott und Mensch. Glaubende Menschen sagen zwar aus, sie können Gott sehen und hören, doch gab es bis heute noch keinen Fall, wo auch andere Menschen (inklusive Atheisten) diese akkustischen und visuellen Erscheinungen wahrnehmen konnten. Theisten argumentieren, dass der Grund dafür sei, dass Atheisten Gott zuerst in ihr Herz lassen müssen, um ihn auch zu sehen/hören. Wissenschaftlich gesehen erübrigst sich dieses Argument jedoch, da ein Gegenstand oder eine Person nur dann existiert, wenn er/sie nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv festgestellt werden kann (so wie z.B. ein Mitmensch, ein Tier, eine Pflanze etc).

Es ist psychologisch und biologisch viel wahrscheinlicher, dass: Menschen an einen Gott glauben, weil sie Dinge wie Hoffnung, Schutz, einen Anker etc. suchen, ALS dass es diesen Gott wirklich gibt. Heilige Schriften wie die Bibel/Tora/Koran etc. behaupten zwar, dass ihr Inhalt direkt vom Schöpfer selbst kommt, doch konnte dies bis heute nicht bewiesen werden. Diese drei Schriften widersprechen sich ausserdem z.T. massiv, was rational gegen die Existenz eines (einzelnen) Gottes spricht, da sich ein Gott ja nicht selbst widersprechen würde. Es ist psychologisch viel wahrscheinlicher, dass die Geschichten in den heiligen Büchern Niederschriften verschiedener Kulturen sind, die ihre Ansichten, Meinungen, Bräuche und Riten in Geschichten verpackt erzählen wollten, als dass die Geschichten tatsächlich von einem Gott stammen.

Danke für dieses lange Statement. Nun, ich bin zwar überzeugter Christ, gebe aber ehrlich und ganz unaufgeregt zu: Ich habe bislang weder konkret Gottes Stimme akkustisch wahrgenommen, geschweige denn ihn gesehen. Ich kenne auch nur einige wenige, die das von sich behaupten. Und offenbar tanze ich noch mehr aus der Reihe, aber ich zumindest würde nie jemanden raten, dass er Jesus/Gott zuerst in sein Herz lassen muss, damit dass mit Gott „funktioniert“. Das klingt ehrlich gesagt auch etwas nach „Seelenmassage“. In der biblischen Texten findet sich hierzu folgende Antwort:

Wenn ihr mich sucht, werdet ihr mich finden; ja, wenn ihr ernsthaft, mit ganzem Herzen nach mir verlangt, werde ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr. … Denn jeder, der bittet, empfängt, und wer sucht, findet, und wer anklopft, dem wird geöffnet. (Jeremia 29,13 + Matthäus 7,8)

Christlicher Glaube versteht sich folglich nicht als blinder Glaube – hier soll und braucht also nicht „die Katze im Sack“ geglaubt zu werden. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass Glaube gute Gründe vorzuweisen hat, subjektive wie objektive. Genau – und insbesondere – wegen dieser Kombination bin ich 2009 Christ geworden. Sicherlich, Glaube ist zwar nicht beweisbar, doch aber durchaus gut begründbar.

Es wäre aber ohnehin ein gedanklicher Trugschluss davon auszugehen, dass „ein Gegenstand oder eine Person nur dann existiert, wenn er/sie nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv festgestellt werden kann.“ Das würde ja bedeuten, dass die Nicht-Beweisbarkeit einer Sache notwendigerweise die Nicht-Existenz dieser Sache aufzeigt. Aber dem ist nicht so, dass zeigt ja alleine schon ein kurzer Blick in die Wissenschaftsgeschichte selbst. Denken Sie zum Beispiel mal an Atome: Deren reale Existenz ließ sich vor 100 Jahren nicht beweisen. Aber heißt das, dass es Atome vor 100 Jahren (und davor) nicht gab? Nein, natürlich gab es Atome auch zu der Zeit, als man ihre Existenz noch nicht beweisen konnte. Oder denken Sie an die radioaktive Strahlung: Deren Existenz ließ sich vor 200 Jahren auch nicht beweisen. Aber das heißt doch nicht, dass es sie deshalb nicht gegeben hat. Wir sehen: Wirklichkeit ist unabhängig von empirischer Beweisbarkeit – das zeigen diese zwei Beispiele recht deutlich und es finden sich problemlos noch etlich weitere.

Und natürlich kann man den Glauben an Gott psychologisch und biologisch erklären. Gar keine Frage. Aber das beantwortet ja noch nicht die – viel wichtigere und grundlegendere – Frage, ob es Gott nun gibt oder nicht. Gibt es ihn nicht, ist Glaube natürlich ein psychologisches und biologisches Phänomen. Gibt es Gott aber, sieht die Sache schon ganz anders aus. Außerdem: Dass ich ein Bedürfnis nach etwas habe, könnte auch genauso gut ein Hinweis darauf sein, dass es dieses Etwas auch gibt. Ich habe Hunger – und es gibt Nahrung. Ich habe das Bedürfnis nach menschlicher Nähe – und es gibt andere Menschen. Meine Bedürfnisse geben mir normalerweise also Aufschluss darüber, worauf ich angelegt bin. Aber es ist klar: Die Sehnsucht nach Gott, die viele Menschen haben, ist natürlich kein Beweis für Gott – sie kann aber genauso wenig als Gegenargument gewertet werden, zumal das Gottesbild des christlichen Glaubens im Kern den Vorstellungen menschlicher Religiosität direkt widerspricht: Einen Gott, der sich selbst erniedrigt, von seinen eigenen Geschöpfen gefangen genommen, verspottet, bespuckt, ausgepeitscht und am Ende sogar ermordert wird – so einen Gott denkt man sich kaum aus.

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass für alle „heiligen Schriften“ gilt, dass deren Inhalt direkte von Gott selbst stammen soll. Das trifft nur auf den Koran zu. Die Bibel ist z.B. nicht als Ganzes vom Himmel gefallen, sondern wurde von Menschen über einen Zeitraum von 1.400 Jahren hinweg geschrieben. Diese Menschen gehörten wiederum zu einer bestimmten Kultur und hatten ihre eigene Persönlichkeit. Sie waren auch nicht perfekt – weder in dem, was sie taten noch in dem, was sie wussten. Viele Christen gehen davon aus, dass der jeweilige Autor eines biblischen Buches von Gottes Geist erfüllt war. Gott machte ihn also dazu fähig, etwas über Gott oder den Glauben zu sagen. Das ist aber nicht das, was vom Koran behauptet wird.

Und Sie unterliegen, bei allem Respekt, einem weiteren Missverständnis, wenn Sie davon ausgehen, dass sich Tora und Bibel widersprechen. Das können sie auch gar nicht, weil die Tora (= die fünf Bücher Mose) ja im vorderen Teil der Bibel (= Altes Testament) mitinbegriffen ist. Auch der Tanach (der Tora, Nevi’im und Ketuvim beinhaltet) entspricht im Grunde dem, was Christen unter ihrem Alten Testament verstehen. Die hebräischen Bibel und das Alte Testament sind folglich identisch, also das genaue Gegenteil von widersprüchlich. Sie haben aber natürlich Recht, wenn Sie auf die (krassen) Widersprüche zwischen Bibel und Koran hinweisen. Laut Bibel Jesus wurde gekreuzigt, laut Koran nicht. Das ist wahrscheinlich der massivste Widerspruch zwischen Bibel und Koran – und nur eine Version ist möglich: Entweder wurde Jesus gekreuzigt oder er wurde nicht gekreuzigt. Auch ich kann daher ehrlich gesagt dem Gedanken nicht viel abgewinnen, dass hier beide Male Gott am Werke gewesen soll. (Zumal es sich bei der Kreuzigung Jesu um eines der historisch bestbezeugsten Ereignisse der Antike handelt.)

Vielen Ihrer kritischen Anmerkungen gegen das Thema „Gott & Glaube“ kann ich daher – bei allem Respekt – nicht zustimmen. Hat man zunächst Gott in sein Herz reinzulassen, damit das Gott mit klappt? Ich denke nicht. Ist es plausibel zu sagen, dass etwas, das man nicht beweisen kann, nicht real existieren kann? Ich denke auch das nicht. Ist Gott nichts weiter als eine menschliche Projektion? Auch diesen Einwand halte ich aus den besagten Gründen für nicht sonderlich überzeugend. Und letztendlich treffen die Vorwürfe, die Sie an Bibel, Tora und Koran stellen, auch nur teilsweise zu.