Die christlichen Mythen bezogen sich zuerst auf Horus oder Osiris, der die Verkörperung der himmlischen Gottheit, Wahrheit, Weisheit und Reinheit war… Dieser war der größte Held, der je im Geist des Menschen lebte – nicht im Fleisch – der einzige Held, für den Wunder natürlich waren, weil er nicht menschlich war. „Ich bin der HERR, dein Gott, aus dem Lande Ägypten und du sollst außer mir keinen Gott kennen, denn außer mir gibt es keinen Erlöser.“ (Hosea 13:4, King-James-Version)

Danke für dieses Statement, dessen erster Teil ja vom autodidaktischen Ägyptologen Gerald Massey stammt. Ich muss Ihnen aber – bei allem gebotenem Respekt – sagen, dass Ihre Ausführungen auf Fehlinformationen basieren. Der Zusammenhang zwischen den Evangelien und der Erzählung von Horus und Osiris ist eine (Internet-)Legende, die faktisch falsch ist. Es ist schon fast witzig, dass die Leute, die diesen Zusammenhang behaupten, niemals aus den primären Quellen zitieren; ist Ihnen das schon einmal aufgefallen? Sie führen die Paralleln zwischen Jesus und Horus zwar an, geben dabei aber niemals Primärquellen an. Das sollte nachdenklich stimmen.

Wenn Sie die Primärquellen anschauen, werden Sie aber sehen, dass sie mitnichten Parallen zu den Lebensbeschreibungen Jesu aufweisen. Es ist im Übrigen ganz aufschlussreich, sich einmal zu vergegenwärtigen, wo diese Idee Einzug in größere gesellschaftliche Kontexte fand  – interessanterweise nämlich in Deutschland, genauer gesagt im Göttingen des ausgehenden 19. Jahrhunders. Dort versuchte eine (völkisch-)theologische Bewegung, die so genannte „Religionsgeschichtliche Schule“, auch – aber nicht nur – Jesus v. Nazareth und das Christentum vor dem Hintergrund heidnischer Mythologie zu deuten. Völkisch war die Bewegung deshalb, weil es aufgrund antisemitischer Grundhaltungen u.a. Ziel war, einen „arischen Jesus“ zu etablieren; mit Jesus als Juden, der er ja zweifelsohne war, konnten gerade die antisemitischen Deutschen nicht sonderlich viel anfangen. Das aber nur als kurzer Exkurs.

Viel wichtiger für uns ist, dass die Religionsgeschichtliche Schule in den 1930er Jahren kollabierte – und das insbesondere aus dem folgendem Grund:

Wer die Primärquellen studierte, fand keine wirklichen Parallelen zwischen Jesus, Osiris und Horus. Die angeblichen Parallen waren erfunden bzw. gefälscht, es fand sich z.B. überhaupt gar nichts Vergleichbares zur Auferstehung Jesu.

Es ließe sich noch mehr zum Thema sagen, aber das würde an dieser Stelle zu weit führen ist. Letztendlich kann ich Sie aber nur dazu motivieren, sich nicht von allem, was einem heutzutage (im Internet) so angeboten wird, blenden zu lassen, sondern selbst die Dinge zu überprüfen, die behauptet werden. Denn wie gesagt: Behaupten kann man ja viel, aber nur weil eine Behauptung auf dem Tisch liegt, heißt das ja noch lange nicht, dass sie deshalb auch wahr ist.