Warum feiern wir überhaupt Weihnachten? Unterschiedliche Menschen würden hier unterschiedliche Antworten geben – Christen würden sagen: Zu Weihnachten feiern wir, dass in einem wenig luxuriösen Stall Gott selbst zur Welt gekommen ist – in Jesus. Christen glauben, dass sich Gott uns mitgeteilt hat. Er hat gezeigt, wie er ist, seinen Charakter, sein Herz, sein Wesen. Nicht in einer Ideologie, auch nicht in einer Institution und selbst nicht primär in einem Buch, sondern in erster Linie in einer Person – in der Person Jesus Christus. Zu Weihnachten feiern Christen also, dass Gott Mensch wurde. Im Johannesevangelium lesen wir:

„Denn Gott hat der Welt seine Liebe dadurch gezeigt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat und nicht verloren geht.“

Dieser Vers gibt uns sogar einen Hinweis darauf, dass da ein stärkerer Zusammenhang zwischen Weihnachten und Christsein besteht, als landläufig angenommen wird. Ein weit verbreitetes Missverständnis lautet ja: „Christsein heißt, ein guter Mensch zu sein, der seine Mitmenschen achtet und wertschätzt, ihnen vergibt, wenn etwas mal nicht so toll gelaufen ist, und allgemein ein moralisch integres Leben führt – oder sich zumindest darum bemüht.“ Aber dem ist ja nicht so. Christlicher Glaube meint nicht zuerst ein Verhalten. Das nehmen ja nicht wenige an und wenn ich Menschen mal frage „Sind Sie Christ?“, haben viele von ihnen geantwortet: „Naja, ich bemühe mich.“ Das ist aus christlicher Sicht schon ein bisschen witzig, denn stellen wir uns mal vor, wir würden jemanden fragen „Sind Sie ein Mann?“ und er sagt: „Naja, ich bemühe mich.“ Das wäre seltsam, denn es geht ja nicht um ein Verhalten, sondern um eine Identität; beim Mannsein oder Frausein – und eben auch beim Christsein.

Ein zweites Missverständnis lautet: Christsein sei die formelle Zugehörigkeit zu einer Gruppierung. Aber auch dem ist ja nicht so. Wenn wir Menschen fragen: „Sind Sie Christ?“ und sie antworten: „Naja, ich bin katholisch“ oder „Ich bin evangelisch“ oder „Nun, ich gehe ab und an in die Kirche“, dann ist das ja nicht die Antwort auf unsere Frage. Das wäre in etwa so, als wenn man jemanden fragen würde „Sind Sie verheiratet?“ und er antwortet: „Naja, ich war schon mal im Standesamt.“ Nein, Christsein meint in erster Linie kein Verhalten und auch keine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppierung.

Was bedeutet es aber dann? Und was hat das alles mit Weihnachten zu tun? Nun, Christsein meint ja im Kern eine Beziehung – eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott. Und zu solch einer Beziehung gehört zunächst die Überzeugung, dass es den, mit dem ich eine Beziehung pflege, auch wirklich gibt. Sonst dürfte es ziemlich schwierig werden, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Aber das ist ja immer noch nicht die Beziehung selbst. Nein, diese besteht im gegenseitigen Miteinander, im regelmäßigen Austausch, in wechselseitigen Gesprächen im Alltag – das macht sie aus. Christen sagen, dass diese Beziehung Christsein ausmacht. Und wie kommt nun Weihnachten ins Spiel?

Christen glauben, dass Gott nicht spontan oder gar grundlos in Jesus zur Welt kam, sondern damit eine ganz konkrete Absicht verfolgte. Wir haben hierzu bereits etwas gelesen: „Denn Gott hat der Welt seine Liebe dadurch gezeigt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat und nicht verloren geht.“ Die Freude der Christen auf Weihnachten ist also deshalb so groß, da sie hier den Tag feiern, an dem Gott den Grundstein dafür gelegt hat, dass wir mit ihm eine vertrauensvolle Beziehung haben können. „Moment“, fragen nun einige, „warum ging das denn nicht schon vorher?“ Und diese Frage ist ja ganz berechtigt. Christen sagen, dass wir die Antwort hierdrauf bereits im Alten Testament finden, wenn dort steht:

„Hört zu! Die Hand des Herrn ist nicht zu kurz, um euch zu helfen und er ist nicht taub, dass er euch nicht hören würde. Nein, eure Sünden sind eine Schranke, die euch von Gott trennt. Wegen eurer Sünden verbirgt er sein Antlitz vor euch und will euch nicht mehr hören.“ An anderer Stelle heißt es: „Alle haben gesündigt und in ihrem Leben kommt Gottes Herrlichkeit nicht mehr zum Ausdruck.“

„Alle“, das meint natürlich auch Christen selbst, auch sie sind keinesfalls bessere Menschen. Nun kennt jeder von uns sich selbst am besten und kann „mindestens erahnen“, welche Ereignisse des eigenen Lebens Gott zuwider gewesen sein dürften. Die Bibel gibt uns ein paar nützliche Denkanstöße: Lüge, Lästern, Egoismus, Hinterlist, Diebstahl, Neid, Seitensprung, Bosheit, Arroganz, Verurteilen usw.

Wer hier ganz ehrlich zu sich selbst ist, dürfte bemerken, dass er nicht schuldfrei ist. Mir geht es auf jeden Fall so. Und wir sollten nicht dem Missverständnis erliegen, dass in Gottes Augen eine Verfehlung schwerer oder leichter wiegt. Nein, das Neue Testament ist hier recht konkret und sagt „Und ihr wisst: Wer das ganze Gesetz befolgt, aber gegen ein einziges Gebot verstößt, macht sich damit am ganzen Gesetz mit allen seinen Geboten schuldig.“ Und da Gott ein liebender, auch aber ein gerechter Gott ist, hat ungutes Verhalten ungute Konsequenzen; wir lesen: „Der Lohn, den die Sünde zahlt, ist der Tod.“ Das meint: Unsere gestörte Gottesbeziehung und unser Fehlverhalten trennen uns von Gott. Und das ist natürlich nicht „im Sinne des Erfinders“, der uns so sehr liebt, dass er eine Beziehung mit uns möchte und gerade nicht will, dass einer von uns verloren geht. Was ist der Ausweg aus diesem Dilemma?

Christen sagen: Kein noch so vorbildliches Leben kann die Beziehung mit Gott ersetzen. Das kann, aus christlicher Sicht, nur die Gnade Gottes in Christus, die sich am Kreuz zeigt. Dass nach Aussage der Bibel jeder Mensch Sünder ist, meint also keine pauschale moralische Abwertung, sondern die Störung der Gottesbeziehung aller Menschen, die viel tiefer liegt. Im Neuen Testament lesen wir deshalb: „Gott hingegen beweist uns seine Liebe dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren.“ Weiterhin heißt es:

„Ich habe euch das weitergegeben, was am wichtigsten ist und was auch mir selbst überliefert wurde – dass Christus für unsere Sünden starb, genau wie es in der Schrift steht. Er wurde begraben und ist am dritten Tag von den Toten auferstanden, wie es in der Schrift steht. Er wurde von Petrus gesehen und dann von den zwölf Aposteln. Danach sahen ihn mehr als fünfhundert seiner Anhänger auf einmal, von denen die meisten noch leben; nur einige sind inzwischen gestorben.“

Jesus, der ohne Sünde war, wurde also durch seinen Tod am Kreuz für uns zur Sünde. Er nimmt unsere Verfehlungen auf sich, so dass wir durch die Verbindung mit ihm wieder eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott haben können. Und genau aus dem Grund sagt Jesus von sich selbst: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zu Gott, dem Vater außer durch mich.“ Gott kam folglich nicht in die Welt, um sie zu verurteilen, sondern um sie in Jesus zu retten. Paulus erinnert in einem seiner Briefe genau daran: „Noch einmal: Durch Gottes Gnade seid ihr gerettet, und zwar aufgrund des Glaubens. Ihr verdankt eure Rettung also nicht euch selbst; nein, sie ist Gottes Geschenk. Sie gründet sich nicht auf menschlichen Leistungen, so dass niemand vor Gott mit irgendetwas großtun kann.“ Er schreibt auch: „Wenn du also mit deinem Mund bekennst, dass Jesus der Herr ist, und mit deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet werden.”

Wir sehen also, warum Weihnachten für Christen so wichtig ist – weil Jesus für sie so wichtig ist. Weil sie darauf vertrauen, dass wir nicht durch unser Tun vor Gott gerecht werden, sondern durch das, was er für uns getan hat. Es ist natürlich völlig in Ordnung, wenn Ihnen das Ganze eher seltsam vorkommt. Ich wollte auch nur mal vorstellen, was Christen so an Weihnachten begeistert.

Ich selbst weiß ganz gut, dass sich Glaube nicht von selbst versteht – aber Skepsis ist ja erlaubt & erwünscht. Es gibt sehr viele Fragen, die man an den christlichen Glauben stellen kann. Aber ich bin überzeugt, dass es auf harte Fragen auch gute Antworten gibt, dass Glaube Sinn ergibt – nicht beweisbar, aber gut begründbar ist. Und dumme Fragen gibt’s eh nicht, besonders nicht bei diesem Thema! Wenn Sie also welche hast, nur raus damit!

Aber bis dahin wünsche ich Ihnen ein frohes & gesegnetes Weihnachtsfest!