11. Argument: Wenn Gott alles erschuf muss er der Anfang jeder Kausalkette sein. Demnach ist er ENTWEDER auch SELBST an unseren Handlungen Schuld (und zwar komplett, weil er der ist, der alles andere Entschieden hat und seine Folgen mit einkalkuliert hat) ODER es gibt eine Lücke in der Kausalkette zwischen Gott und uns, so dass er nicht der Grund dafür ist, was für einen Charakter wir haben. Das wäre dann Zufall. Wir können gar nicht selbst schuld sein.

Ich stimme zunächst einmal zu: Aus christlicher Perspektive ist Gott wirklich „die erste Ursache“, würde also bedeuten, der Verursacher des so genannten Urknalls. Die Überlegungen sind dennoch nicht fehlerfrei, was möglicherweise durch ein Missverständnis zu erklären ist: Christen sagen ja gerade nicht, dass Gott alles entschieden hat, was der Mensch tut oder nicht tut. Christen sagen, dass Gott dem Menschen die freie Wahl lässt, sich für oder gegen Dinge zu entscheiden, und sich eben nicht in diese freie Wahl einmischt. Der Mensch hat zB die Möglichkeit, sich für oder gegen Lügen zu entscheiden. Wir haben die Möglichkeit, uns für oder gegen Diebstahl zu entscheiden. Gott lässt uns sogar die Möglichkeit, uns für oder gegen ihn zu entscheiden. Gott schenkt Menschen die Entscheidungsfreiheit in jeder kleinen oder großen Frage.

Gott ist also “nur” für die Tatsache verantwortlich, dass wir uns frei entscheiden können. Der Mensch ist aber dafür zur Verantwortung zu ziehen, was er mit dieser Freiheit macht. Wir sind also sehr wohl für unsere eigenen Fehler verantwortlich. Darüber hinaus kann dieses Argument natürlich nur rein theoretischer Art sein; sein Verfasser würde wahrscheinlich keinem Christen, der irgendwie an ihm schuldig geworden ist, vergeben und sagen: “Du kannst im Grunde auch nichts dafür, ich mache Gott letztendlich für dein Vergehen verantwortlich”.

// vergleiche auch das ähnliche Argument #38 //