Ist etwas ethisch gut, weil es dem Willen eines Gottes entspricht, oder ob es an und für sich gut ist und deshalb von diesem Gott gewollt ist? (Euthyphron-Dilemma)

Danke für die Frage zunächst einmal, die ich gut nachvollziehen. Bei allem Respekt handelt es sich aber beim „Euthyphron-Dilemma“ um gar kein Dilemma – wir haben es vielmehr mit einem „falschen Dilemma“ zu tun. Warum? Nun, weil es hier noch eine dritte Möglichkeit gibt. Die ersten beiden lauten ja: Entweder untersteht Gott moralischen Prinzipien, die über ihm stehen, oder aber Gott steht über den moralischen Prinzipien. Es gibt aber noch die Möglichkeit, dass Gott und moralische Prinzipien auf einer Höhe stehen.

Wie das? Nun, z.B. so, dass moralische Prinzipien zu den grundlegenden Eigenschaften Gottes gehören. Es zieht sich ja wie ein roter Faden durch die biblischen Texte, dass Gott gerecht, gnädig, heilig und liebend ist, nicht lügen kann usw. Das legt den Gedanken nahe, dass moralische Prinzipien unabänderlich zu Gottes Wesen gehören. Damit gibt es aber kein Dilemma mehr.

Weder untersteht Gott externen moralischen Prinzipien, die über ihm stehen, noch sind Gottes Gebote willkürliche Äußerungen von jemandem, der selber keine moralischen Prinzipien hat (oder haben kann), sondern Gott handelt gemäß moralischen Prinzipien, die ihm zu eigen sind. Und demnach kann ich Gottes Gebote als ethisch verantwortliche Person befolgen. Ich muss weder befürchten, dass Gott mir morgen sagt, ich soll mir Sklaven halten oder Kinder umbringen, noch kann ich ohne Gott zu richtigen moralischen Prinzipien gelangen.