Zur Auferstehung Jesu lässt sich nun ja vieles sagen: Etwas Humorvolles zum Beispiel. Da gibt es etwa die Geschichte vom Religionslehrer, der im Unterricht beim Thema angelangt ist und fragt: „Wer kann mir sagen, warum Jesus nach der Auferstehung zuerst Frauen erschien?“ Klein-Fritzchen meldet sich und sagt: „Ja, ist doch klar: Damit die Nachricht schnellstens bekannt wird!“  So kann man ja die ersten Begegnungen von Menschen mit dem auferstandenen Jesus wahrnehmen.

Aber natürlich gibt es auch ernsthafte Gedanken zum Thema. Zum Beispiel die Frage, ob die ganze Sache nicht vielmehr rein subjektiver Natur ist? „Für die einen mag Jesus ja auferstanden sein, dass mag für diese Menschen auch schön und gut sein. Aber aus meiner Sicht, da ist Jesus eben nicht auferstanden.“ Ich will nun gar nicht sagen, dass man so nicht denken darf, allerdings hat diese Sichtweise ein logisches Problem: Es kann nicht beides gleichzeitig wahr sein. Jesus kann nicht auferstanden und gleichzeitig nicht auferstanden sein. Wenn A sagt: „Aus meiner Sicht ist Jesus auferstanden“ und B sagt: „Für mich ist Jesus nicht auferstanden“, dann kann nur einer von beiden Recht haben. Es ist logisch unmöglich, dass beide Recht haben – es ist logisch auch nicht möglich, dass keiner von ihnen Recht hat. Nein, eine Aussage stimmt, die andere nicht: entweder ja oder nein! Es gibt kein Dazwischen.

„Gut“, sagen manche, „dann ist es das ‚Nein‘ – denn: Wunder sind nun mal nicht möglich. An so etwas haben die Leute aus früheren Zeiten geglaubt, weil sie noch nicht die technischen (und kognitiven) Möglichkeiten hatten, sich Dinge zu erklären.“ Und gerade weil dieser Einwand ganz nachvollziehbar und verständlich ist, möchte ich ihm ernsthaft begegnen. Das möchte ich zunächst mit zwei Beobachtungen tun.

1. Beobachtung: „Wunder – wissenschaftlich unmöglich?“

Max Planck sagte einst, dass der Glaube an Wunder unweigerlich dem naturwissenschaftlichen Fortschritt weichen werde. Richard Dawkins fügte später hinzu, dass Naturwissenschaftler eines Tages das Funktionieren des Universums vollständig verstehen würden und Wunder deshalb nicht mehr als Erklärung herangezogen werden müssten. Ich persönlich denke, dass beide Recht haben! Und das meine ich ganz ernst. Manche abergläubische Menschen benutzen Wunder ja gerne als Entschuldigung für ihr Unwissen und verweisen jedes Mal auf Gott, wenn sie sich etwas nicht erklären oder verstehen können. Deshalb denke ich: Es ist sehr gut, dass Naturwissenschaft diese Form von grob vereinfachendem, ja sogar naivem Denken langsam aber sicher ausradiert.

Aber stimmt es, dass die Wissenschaft Wunder kategorisch ausschließt? Ist es wissenschaftlich unredlich, von der Möglichkeit auszugehen, dass Wunder geschehen können? Meine These lautet: Nein – und das aus zwei Gründen. Erstens: Es stimmt zwar, dass Wunder außerhalb des Bereichs der Naturwissenschaft liegen – aber das heißt ja nicht, dass sie den Naturgesetzen widersprechen müssen. Naturgesetze beschreiben, was unter Idealbedingungen geschieht, wenn nichts in einen bestimmten Vorgang einwirkt. Ein kurzes Beispiel hierzu:

Das Gesetz der Schwerkraft besagt zum Beispiel, dass ein Objekt zu Boden fällt, wenn man es fallen lässt. Stellen Sie sich einmal einen Baum vor, von dem ein Apfel herunterfällt. Stellen Sie sich nun vor, ich würde diesen Apfel, kurz bevor er den Boden berührt, auffangen. Ist dadurch das Gesetz der Schwerkraft außer Kraft gesetzt? Natürlich nicht. Es hat lediglich ein menschliches Eingreifen stattgefunden.

Das Gesetz der Schwerkraft besagt also, was unter Idealbedingungen geschieht, ohne dass irgendwelche Faktoren einwirken. Wenn man den Apfel auffängt, wird damit dieses Gesetz aber nicht außer Kraft gesetzt. Es ist auch nicht notwendig, ein neues Gesetz zu formulieren. Es ist nur das menschliche Eingreifen, das die natürlichen Bedingungen umstößt. Im Wesentlichen ist es genau das, was Christen meinen, wenn sie sagen, dass Gott ein Wunder wirkt.

Zweitens: Die Sichtweise, dass Wunder unmöglich sind, entspringt dem – mittlerweile veralteten – Weltbild des 19. Jahrhunderts. Damals dachte man, alles ist durch Ursache und Folge erklärbar. Jedes Geschehen hat eine Ursache und läuft festgelegt nach bestimmten Gesetzen ab. Die Wissenschaft denkt heute aber anders: Sie gibt nur noch Wahrscheinlichkeiten an. Die fundamentalsten Naturprozesse sind unbestimmt, nicht festgelegt. Thomas Wilhelm, Professor der Physik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, schreibt,

dass heute im 21. Jahrhundert ein Physiker problemlos an Wunder glauben kann und zwar ohne intellektuelle Verrenkungen. Den grundlegenden Widerspruch zwischen Glaube und Naturwissenschaft gab es nur einmal in der Geschichte, nämlich nur im 19. Jahrhundert.

Und Wilhelm steht hier mit seiner Meinung nicht alleine da, im Gegenteil. Zahlreiche hoch renommierte Naturwissenschaftler stehen mit Wundern in keinster Weise auf dem Kriegsfuß stehen: Francis Collins, Direktor des National Institutes of Health und ehemaliger Leiter des Humane Genome Projects, Werner Heisenberg, einer der bedeutendsten Physiker des 20. Jahrhunderts, Hans-Peter Dürr, Direktor des Max-Planck-Instituts und Gewinner des alternativen Physik-Nobelpreises – alles absolute Koryphäen in ihrem Fachgebiet, die Wissenschaft und Wunder in keinem Widerspruch zueinander sehen. Letztlich sehen wir also, dass es gar nicht die Wissenschaft ist, die Wunder ausschließt, sondern:

Die Annahme, dass Wunder ausgeschlossen sind, ist vielmehr eine philosophische Grundannahme als eine wissenschaftliche Erkenntnis. Zu sagen, dass unser wissenschaftlicher Fortschritt es uns verbieten würde, von Wundern auszugehen, entpuppt sich als leider schwache Ausrede.

2. Beobachtung: „Es gibt nichts Übernatürliches, also auch keine Wunder.“

Wir sehen: Nicht die Wissenschaft schließt Wunder aus – Menschen tun das. Es ist eine philosophische Grundsatzentscheidung, die jeder für sich getroffen hat. Aber es ist ja ein ganz wichtiger Unterschied, ob man meint, Wunder objektiv nicht annehmen zu können oder subjektiv nicht annehmen zu wollen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine viele tiefer liegende Frage, die da lautet: Können wir – wenn wir intellektuell redlich bleiben wollen – wirklich ernsthaft behaupten, dass es keinen Gott gibt?

Warum frage ich das? Nun, wenn Sie die Ansicht vertreten, dass man nur das annehmen sollte, was man auch beweisen kann, aber gleichzeitig nicht in der Lage sind, zu beweisen, dass Gott nicht existiert (davon aber trotzdem ausgehen), dann leben Sie einen Widerspruch. Es ist zutiefst paradox, die beiden Ansichten “Ich gehe nur von dem aus, was ich beweisen kann” und “Ich kann nicht beweisen, dass es Gott nicht gibt – gehe aber trotzdem davon aus” gleichzeitig bewusst zu vertreten. Wenn Sie diesen Widerspruch auflösen möchten, müssen Sie von Ihrem Standpunkt abrücken, dass man nur das annehmen sollte, was man auch beweisen kann. Erst jetzt ist es möglich zu sagen, dass es Gott nicht gibt. Aber dann muss man fairerweise auch sagen, dass es auch möglich ist, dass es ihn doch vielleicht doch gibt. Wir sehen: Wer intellektuell redlich bleiben will, kann und darf die Existenz Gottes nicht kategorisch ausschließen.

Manche sagen nun, dass Gott zwar möglich, allerdings sehr unwahrscheinlich ist – aber lassen Sie uns an dieser Stelle bitte nicht „sehr unwahrscheinlich“ mit „unmöglich“ verwechseln. Ein Lottogewinn mit 6 plus Superzahl hat eine Wahrscheinlichkeit von ca. 1:14 Millionen, ist also sehr unwahrscheinlich. Nun hatten am 5. Dezember 2007 aber gleich drei Lottospieler 6 Richtige mit Superzahl. Das hatte bei den im Durchschnitt 21 Millionen Lottospielern eine Wahrscheinlichkeit von 1:97 Billionen – ein extrem unwahrscheinliches Ereignis! Aber für uns ist es hilfreich, denn wir sehen: Auch das extrem Unwahrscheinliche darf nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Der Punkt, auf den ich damit letztlich hinaus will, ist sicherlich für viele herausfordernd:

Da es nicht beweisbar ist, dass Gott nicht existiert, ist seine Existenz allenfalls unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Und weil Gott nicht ausgeschlossen ist, ist es zumindest denkmöglich, dass es ihn gibt. Folglich kann nicht kategorisch ausgeschlossen werden, dass Wunder unmöglich sind.

„Moment“, haken nun manche ein, „die Erfahrung von Tausenden von Jahren zeigt uns aber, dass Tote nun mal nicht wieder von den Toten auferstehen. Selbst noch so eine große Masse an Beweisen wäre nicht in der Lage, die ungeheuer kleine Wahrscheinlichkeit der Auferstehung zu überstimmen.“ Nun, ich kann diesen Einwand gut verstehen, den darf man haben. Aber der Philosoph William L. Craig liegt trotzdem sehr richtig, wenn er sagt:

Es gibt keinen Widerspruch zwischen der Überzeugung, dass Menschen im Allgemeinen in ihren Gräbern bleiben, und der, dass Jesus von Nazareth vom Tod auferstanden ist. Christen glauben beides. Das Gegenteil der Aussage, dass Christus von den Toten auferstanden ist, ist doch nicht, dass alle anderen Menschen in ihren Gräbern geblieben sind; sondern das Gegenteil wäre, dass Jesus von Nazareth in seinem Grab geblieben ist.

Um gegen Indizien für die Auferstehung zu argumentieren, muss man Beweise oder Hinweise gegen die Auferstehung selbst anbringen und nicht Beweise dafür, dass alle Menschen sonst immer in ihren Gräbern bleiben.“

Es ist aber nach wie vor gut, wenn wir unseren eigenen Erfahrungshorizont voraussetzen. Wenn wir an das denken, was in unserer Erfahrung gang und gebe und was nach ihr möglich ist. Nur, das ist ja gerade der springende Punkt des christlichen Glaubens – dass uns hier zugemutet wird:

„Deine Erfahrung ist gut und wichtig, aber sie ist nicht alles. Das, was du für möglich hältst, das ist dein Horizont, meinetwegen der Horizont vieler Menschen. Aber wenn es Gott gibt, dann sprengt er unseren Horizont. Falls es ihn gibt, dann gibt es wirklich mehr als das, was wir sehen und wahrnehmen.“

Und wie wir gesehen haben, können wir Gottes Existenz nicht kategorisch ausschließen.

Wer ganz ehrlich mit sich selbst ist, sollte sie diese Tatsache ganz unaufgeregt zugeben: Solange Gottes Existenz möglich ist (und das ist sie), sollten wir auch für die Möglichkeit offen sein, dass Wunder denkmöglich sind – auch dann, wenn sie unwahrscheinlich sind. Alles andere wäre unehrlich gegenüber uns selbst. Und gut möglich, dass bei Ihnen gerade die Alarmglocken beginnen zu klingeln. Aber denken Sie gerne nochmal über meine Gedanken nach: Sie sind weder unlogisch, noch unvernünftig.

Sicher, sie knabbern an der philosophischen Grundsatzentscheidung, dass es Wunder einfach nicht geben kann. Basta! Aber ein kluger Mensch hat mal gesagt: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.“ Solch eine Einstellung wünsche ich mir – von jedem anderen, aber natürlich auch von mir! Das ist eine Frage der Fairness. Und ich rufe an dieser Stelle ja auch gar nicht zur Unvernunft auf – ich frage mich nur:

Warum ist unsere philosophische Grundannahme, dass Wunder unmöglich sind, in Stein gemeißelt? Warum schließen wir Wunder kategorisch aus? Aus Sorge, von anderen belächelt und als intellektuell unredlich betrachtet zu werden? Als naiv zu gelten? Die Anerkennung anderer zu verlieren? Verraten Sie sich selbst? Fragen Sie sich selbst: Welche Bauchschmerzen haben Sie mit dem Gedanken, dass Wunder möglich sein könnten?

„Weil“, antworten nun manche,“ wenn ich Wunder nicht ausschließe, müsste ich ja jeder Wundererzählung Glauben schenken? Ich will mich aber nicht für dumm verkaufen lassen!“ Meine Antwort: Nein, das brauchen Sie auch nicht. Warum auch? Wer an Wunder glaubt, muss ja nicht gleichzeitig seinen gesunden Menschenverstand über Bord werfen (auch wenn manche Gläubige diesen Anschein erwecken). Ich denke: Wir sollten einem als Wunder angekündigten Ereignis nur dann wirkliche Beachtung schenken, wenn das Ganze tatsächlich glaubhaft ist. Und gerade hier bedarf es unserer vollen Aufmerksamkeit!

Es geht ja stets um den konkreten Einzelfall. Und da fand ich es bislang meist gut möglich, angebliche Wunder auch anders plausibel zu deuten. Mit der gleichen gesunden Skepsis gehe ich ja auch an Wunderberichte aus der christlichen Szene heran. Und gerade weil ich glaube, dass Wunder real sind, brauche ich nicht einfach alles als Wunder zu akzeptieren, was so genannt wird (z.B. die meisten Geschichten aus Lourdes.) Auch als Christ darf ich zurückhaltend sein, was Wunderberichte angeht. Aber Wunder von Vorneherein ausschließen, würde ich aus besagten Gründen trotzdem nicht…

Die Auferstehung Jesu – Fakt oder Fiktion?

Warum nehme ich nun aber das Wunder der Auferstehung Jesu ernst? Was sind meine Gründe hierfür? Im Folgenden möchte ich Ihnen meine Perspektive hierzu einfach mal anbieten – auch in dem Wissen, dass Ihre sicherlich ganz anders ist. Aber das ist ja auch völlig in Ordnung. Ich will Ihnen meine Argumente, warum ich die Auferstehung für historisch glaubwürdig halte, auch nur einmal vorstellen.

Bevor wir damit anfangen, aber noch eines vorweg: Wie steht es überhaupt um die Historizität und Integrität des Auferstehungsberichts? Es mag Sie vielleicht überraschen: Bereits Ende der 1970er Jahren konstatierte Jacob Kremer, einer der wichtigsten Bibelwissenschaftler des 20. Jhd., dass die große Mehrheit historischer Forschung, deren Fokus auf dem Neuen Testament liegt, die zentralen Fakten rund um die Auferstehung als historisch glaubwürdig betrachtet. (vgl. Kremer, J., 1977, Die Osterevangelien – Geschichten um Geschichte). Gary Habermas, einer der führenden neutestamentlichen Forscher unserer Zeit, gibt hierzu genauere Zahlen:

Im Jahr 2004 untersuchte er über 2.000 Aufsätze und Bücher der einschlägigen historischen Auferstehungsliteratur, die zwischen 1975 und 2000 verfasst wurde: Über 75% aller Texte akzeptierten die Historizität der zentralen Fakten rund um die Auferstehung. (vgl. Habermas, G., 2004, The Case for the Resurrection of Jesus). Michael Licona, Professor für Neues Testament, unterstreicht dies in seinem 2010 erschienen historiographischen Werk über die Auferstehung Jesu (vgl. Licona, M., 2010, The Resurrection of Jesus: A New Historiographical Approach).

Bitte verstehen Sie mich nun nicht falsch: Wir reden hier keinesfalls von der Mehrheit aller gläubigen Neutestament-Forscher. Nein, ich meine hier in der Tat den breiten Mainstream der gesamten historischen NT-Forschung, die gläubigen sowie die nicht-gläubigen Vertreter dieser Zunft. Die meisten neutestamentlichen Forscher, ob gläubig oder nicht, bestätigen die Historizität und Glaubwürdigkeit der zentralen Fakten rund um die Auferstehung Jesu. Wer also sagt, dass es sich bei den Textsammlungen der Lebensbeschreibungen Jesu um mythenhafte Legenden oder dergleichen handelt, geht nicht konform mit der Mehrheitsmeinung gegenwärtiger Geschichtsforschung.

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen im Folgenden einmal drei dieser Fakten vorstellen – zwei Fakten, die von der Mehrheit aller neutestamentlichen Forscher als anerkannt und glaubwürdig gelten und die schwer erklärbar sind, wenn man davon ausgeht, dass die Auferstehung nicht stattgefunden hat.

Eine ganz wichtige Information aber noch vorweg: Was will ich mit den folgenden Argumenten sagen – und was nicht? Ich will nicht sagen, dass nur die Erklärung „Auferstehung“ die einzig denkbare Erklärung die Ereignisse ist. Nein, ganz und gar nicht. Ich will vielmehr sagen, dass die Option „Auferstehung“ tatsächlich eine ernst zu nehmende Erklärung ist – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die folgenden Ausführungen sollen aufzeigen: Es ist gut denkmöglich, dass die Auferstehung wirklich stattgefunden hat. Und nun zu den genannten Fakten und zu meinen Gründen.

Fakt 1: Das leere Grab

Damit die Botschaft von der Auferstehung Jesu in Jerusalem überhaupt Fuß fassen konnte, hatte eine sehr grundlegende Bedingung erfüllt sein: Das Grab Jesu musste leer sein. Und dass dem so war, das bestritten selbst die Gegner Jesu nicht. Die Frage lautet also: „Was ist mit dem Leichnam passiert?“ Wer hat ihn entwendet?

Die Jünger

Es ja durchaus denkbar, dass die Jünger den Leichnam entwendet haben. Aber wenn sie das getan hätten, dann wussten sie auch ganz genau, dass Jesus nicht von den Toten auferstanden ist. Aber wenn sie sich darüber im Klaren waren, warum taten sie in der Folgezeit dann das, was sie taten? Was nämlich? Nun, sie widmeten ihr ganzes Leben der Aufgabe, so vielen Menschen wie möglich die Nachricht zu überbringen, dass Jesus von den Toten auferstanden ist und er wirklich der ist, der er vorgab zu sein – also Gott selbst. Für diese Botschaft nahmen sie viel auf sich: Sie gründeten unzählige Gemeinden, legten Hunderte von Kilometern auf dem Fußweg zurück, nahmen Folterung in Kauf und starben letztlich fast alle den Märtyrertod für eine Botschaft, die ihnen persönlich nichts brachte.

Es ist alles andere als überzeugend, dass Menschen für eine selbst erfundene Lüge all dies taten bzw. über  sich ergehen ließen. Warum gibt man freiwillig sein Leben für eine Botschaft hin, von dem man zu 100%  weiß, dass es sich um eine selbst erfundene Lüge handelt, die im Jenseits mit Folter und Tod und im Jenseits mit der Hölle bestraft wird? Denn wenn Juden eines kannten, dann die „Zehn Gebote“ – man wusste also: Einen Menschen als Gott zu verehren (und auch noch zu verkündigen) war eine glasklare Gotteslästerung und wurde mit der Hölle bestraft. Vor diesem Hintergrund erscheint es mehr als unplausibel, dass die Jünger den Leichnam Jesu entwendet haben. Wer kommt noch in Frage?

Die Gegner Jesu

Vielleicht waren es ja auch die Gegner Jesu, sprich die Römer selbst oder die religiöse jüdische Elite, die den Leichnam entwendeten? Aber auch hier wieder: Warum? Um sich einen unerwünschten Auferstehungskult einzuhandeln? Und selbst wenn sie den Leichnam entwendet hätten, bleibt die Frage, warum die Widersacher Jesu seinen Leichnam nicht einfach hervorholten, als sie hörten, dass die Jünger die Situation für sich ausnützten. Das taten sie nämlich nicht. Andernfalls wäre die Botschaft, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, auch sofort in Keim erstickt geworden– und wir würden uns heutzutage auch nicht darüber den Kopf zerbrechen.

Jemand anderes

„Vielleicht war es ja auch noch jemand anderes“, denke nun einige. „Irgendeine dritte Partei. Aus welchen Gründen auch immer.“ Und aus meiner Sicht wäre das die einzige plausible und natürliche Erklärung für das leere Grab. Die einzige denkbare Erklärung also, die ohne einen übernatürlichen Eingriff Gottes auskommt.

Und ich will nun gar nicht sagen, dass man so nicht denken darf. Ich möchte an dieser Stelle nur anmerken, dass diese Möglichkeit sicherlich das leere Grab erklärt – mehr aber noch nicht. Das sollte man ganz unaufgeregt zugeben. Das leere Grab an sich hat bei nirgends zum Osterjubel geführt. Niemand dachte „Oh, Jesus ist auferstanden!“, nur weil seine Grabkammer leer war. Und das verwundert auch gar nicht. Warum nicht? Weil die Auferstehung Jesu sowohl für die Jünger als auch ihre jüdischen Zeitgenossen absolut ausgeschlossen war – und warum, das möchte ich im Folgenden begründen.

Grund 1: Für Juden war eine „Einzel-Auferstehung“ ausgeschlossen.

Juden der damaligen Zeit waren zwar davon überzeugt, dass es eine Auferstehung geben wird. Im jüdischen Denken und Glauben war die Auferstehung eines Einzelnen aber ausgeschlossen. Man war davon überzeugt, dass es am Ende aller Tage eine Auferstehung aller Gerechten geben würde. Aber: Dass mitten in der Menschheitsgeschichte, während also die Welt unter der Last von Leid und Tod leidet, ein Einzelner aufersteht – das war für Juden undenkbar. Wir können die Situation als ganz gut mit der vieler Menschen heutzutage vergleichen. Auch heute ist es für viele absolut unmöglich, dass die Auferstehung Jesu stattgefunden hat. Und genauso undenkbar war es für Juden der damaligen Zeit, wenn eben auch aus anderen Gründen.

Grund 2: Jesu Anspruch starb am Kreuz mit ihm.

Die Hinrichtung Jesu führte zu einer tiefen Ernüchterung bei all denen, die Hoffnung in Jesus gesetzt hatten. Denn seine Glaubwürdigkeit und sein Anspruch starben am Kreuz mit ihm. Wer konnte noch ernsthaft glauben, dass es stimmte, was dieser Mann von sich behauptete? Er soll Gott sein? Er, der von seinen Widersachern nicht nur gefangen genommen, sondern auch gefoltert und letztendlich sogar hingerichtet wurde. Dieser Mann, der dort leidvoll und erbärmlich am Kreuz hing, das sollte Gott sein? Das war lachhaft. Das Kreuz entlarvte Jesus also als einen Lügner, genauso wie viele andere vermeintliche Messiasse vor ihm (z.B. Judas der Galiläer, Schimon bar Giora, Simon bar Kochba).

Und nicht nur das: In der Thora, der autoritativen und heiligen Urkunde der Juden, heißt es: „Denn von Gott verflucht ist derjenige, der ans Holz gehängt wurde.“ (Deuteronomium 21, 23a).In jüdischen Augen machte die Kreuzigung Jesu also eines ganz klar: Er war nicht nur ein Lügner, sondern sogar jemand, der von Gott persönlich verflucht war. (Wahrscheinlich wegen der Behauptungen, die er selbst über sich machte) Die Kreuzigung wurde von jedem frommen Juden folglich als ein Verdammungsurteil Gottes über das Wirken und Verkündigung Jesu verstanden. Er, der ja vorgab, Gott selbst zu sein, wurde durch seinen Kreuzestod entlarvt.

Mehr kann ein vermeintlicher Messias kaum scheitern. Der Messias, von dem Juden erwarten, dass er das jüdische Volk  aus dem Exil versammelt und nach Israel zurückbringt, der den jüdischen Tempel in Jerusalem wieder aufbaut und den Weltfrieden bringt – das konnte wahrlich nicht der Mann sein, der dort röchelnd und blutend am Kreuz hing und am Ende elendig starb.

Fakt 2: Der Sinneswandel tausender Juden

Doch bereits wenige Tage nach der Kreuzigung kam es nicht nur bei den Jüngern, sondern auch bei Tausenden ihrer jüdischen Zeitgenossen, die vorher nichts mit Jesus zu tun hatten, zu einem mehr als bemerkenswerten Sinneswandel. Die aufgescheuchten und verängstigten Jünger, die dabei war, alles wegzuwerfen und aus Jerusalem zu fliehen, Jesus verrieten und verleugneten, verwandelten sich plötzlich über Nacht in einen selbstbewusste und überzeugte Missionsgesellschaft. Und nicht nur sie, sondern auch Hunderte ihrer jüdischen Zeitgenossen, die zuvor nichts mit Jesus zu tun hatten, verkündeten plötzlich lauthals, was durch die Kreuzigung, das heilige Thora-Urteil über Jesus und die jüdische Grundüberzeugung, dass die Auferstehung eines Einzelnen ausgeschlossen ist, undenkbar war: „Christus ist von den Toten auferstanden. Er ist wirklich Gott selbst.“ Im Folgenden möchte ich mal zwei Auswirkungen hierauf nennen:

Sonntagsgottesdienst

Die Entscheidung, die gottesdienstlichen Treffen vom Sabbat (Samstag) auf den ersten Tag der Woche  Sonntag) zu verlegen, ist wahrscheinlich eine der bedeutsamsten Entscheidungen, die jemals von einer Gruppe von Menschen in der Geschichte getroffen wurde. Das wird dann besonders deutlich, wenn man die Folgen betrachtet, die nach dem Glauben der Juden eintreten würden, wenn sie Unrecht gehabt hätten.

Die frühen Christen waren fromme Juden und daher fanatisch darauf bedacht, den heiligen Sabbat einzuhalten. Juden fürchteten sich, den Sabbat zu brechen. Sie glaubten, sich den heiligen Zorn Gottes zuzuziehen, wenn sie ihn brachen – denn so stand es in den Zehn Geboten. Sie verlegten aber den »Tag des Herrn« auf den Sonntag, um den Tag der Auferstehung Jesu Christi zu ehren.

Ein verändertes Leben

Die Jünger widmeten wenige Tage der Kreuzigung ihr ganzes Leben der Aufgabe, so vielen Menschen wie möglich zu berichten, dass Jesus auferstanden und wirklich der ist, der er behauptete zu sein – nämlich Gott selbst. Für diese Botschaft nahmen sie alles auf sich: Sie gründeten etliche Gemeinden, und legten für ihre Verkündigung Hunderte von Kilometern zu Fuß zurück. Als Lohn für ihre rückhaltlose und totale Hingabe an den Auferstandenen wurden sie geschlagen, zu Tode gesteinigt, Löwen vorgeworfen, gefoltert, gekreuzigt und jeder erdenkbaren Repressalie unterworfen, die sie am Reden hindern sollte – und das alles für eine Botschaft, die ihnen persönlich rein gar nichts brachte.

Im Gegenteil: Wenn die Jünger wussten, dass ihre Botschaft unwahr ist, wussten sie auch, dass sie wegen Blasphemie in der Hölle landen werden. Denn Juden waren die Zehn Gebote heilig und waren davon überzeugt, dass ein Verstoß unweigerlich den Zorn Gottes auf sich zog. Und man wusste: Einen Menschen als Gott zu verehren und sogar noch zu verkündigen war glasklare Gotteslästerung. Die Strafe für solch eine Tat war klar: die Hölle. Alle Juden, also nicht nur die Jünger, wussten folglich: Wenn es nicht wirklich stimmt, dass Jesus auferstanden und Gott selbst ist, dann kommen all diejenigen in die Hölle, die diese blasphemische Aussage tätigen.

Aus dem Gesagten ergeben sich insgesamt fünf Fragen: 

  1. Wie ist es zu erklären, dass das Grab Jesu leer war?
  2. Wie ist es zu erklären, dass nicht nur die Jünger, sondern auch Hunderte unbeteiligter jüdischer Zeitgenossen plötzlich davon ausgingen, dass die für Juden unmögliche „Einzel-Auferstehung“ inmitten der Weltgeschichte doch möglich ist?
  3. Wie ist es zu erklären, dass nicht nur die Jünger, sondern auch Tausende unbeteiligter jüdischer Zeitgenossen auf einmal davon ausgingen, dass der hingerichtete und gottverfluchte Jesus doch Gott selbst ist?
  4. Wie ist es zu erklären, dass die Jünger gewaltige Anstrengungen bis hin zum Märtyrertod und letztlich sogar die Hölle für eine Botschaft in Kauf nahmen, die ihnen persönlich nichts brachte?
  5. Wie ist es zu erklären, dass einfache Juden, die zuvor nichts mit Jesus zu tun hatten, urplötzlich zentrale Überlieferungen ihres Glaubens über Bord warfen – obwohl sie davon überzeugt waren, dass solche Gesetzesbrüche mit der Hölle bestraft werden?

Eine Erklärung, die denkmöglich sein möchte, muss gute Antworten auf Fragen wie diese geben. Ich bin der Ansicht, dass die Auferstehung Jesu durchaus eine denkmögliche Erklärung. Warum denke ich so? Nun, die Auferstehung Jesu würde das leere Grab erklären. Sie würde auch erklären, warum Hunderte Juden damals urplötzlich ihre Meinung änderten und die unmögliche Auferstehung eines Einzelnen inmitten der Weltgeschichte doch möglich ist. Sie würde zudem erklären, warum Hunderte von Juden den zuvor gekreuzigten und damit gottverfluchten Jesus wenige Tage nach seiner Hinrichtung nun doch als Gott selbst verehrten und verkündeten. Die Auferstehung würde auch erklären, weshalb die Jünger so enorme Strapazen, den eigenen Tod und letztlich sogar die Hölle für eine Botschaft in Kauf nahmen, die ihnen subjektiv nichts brachte.

Die Auferstehung Jesu erklärt zudem, warum selbst unbeteiligte Juden, die zuvor nichts mit Jesus zu tun hatten, zentrale Überlieferungen ihres Glaubens über Bord warfen, als sie Jesus als Gott verehrten und nur für ihn ihre gottesdienstlichen Treffen vom heiligen Sabbat auf den Sonntag verschoben. Wir sehen: Die Auferstehung kann alle Fragen, die sich aus den Ereignissen ergeben, zufriedenstellend erklären. Das macht die Auferstehung meiner Ansicht nach zu einer denkmöglichen Erklärung. Und ich sage bewusst nur „denkmöglich“ – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was denken Sie? Ist die Auferstehungserklärung für sie denkmöglich oder nicht denkmöglich?

Ein kurzes Fazit – was wäre, wenn…?

Es ist an dieser Stelle aber vollkommen in Ordnung, wenn sie eine andere Erklärung als die gerade vorgestellte als die denkmöglichste und wahrscheinlichste favorisieren. Aber wie gesagt: Ich wollte auch gar nicht sagen, dass ausschließlich die Option „Auferstehung“ die einzig mögliche Erklärung für die vorgestellten Ereignisse sein kann. Ich wollte nur aufzeigen, dass diese Option eine denkmögliche Begründung ist. Es steht außer Frage: Natürlich gibt es Begründungen, die die Ereignisse erklären, ohne einen übernatürlichen Eingriff Gottes anzunehmen. Aber – und nun kommt der springende Punkt: Die Alternativerklärungen mindern ja nicht die Denkmöglichkeit der Auferstehungserklärung. Oder anders ausgedrückt: Wenn Sie der Meinung sind, dass die Auferstehungserklärung zumindest denkmöglich ist, dann kratzen Alternativerklärungen diese Denkmöglichkeit in keinster Weise an.

Ich betone das so bewusst, weil mir dieses Missverständnis leider recht häufig begegnet, wenn ich mit Menschen über die Auferstehung diskutiere. Ich für meinen Teil denke: Wenn die kleinste Chance besteht, dass an dieser Auferstehung wirklich etwas dran sein könnte, dann wäre es leichtfertig, diese Spur erkalten zu lassen. Wenn nach allen Überlegungen die Denkmöglichkeit der Auferstehung erhalten bleibt, sollten wir die Frage der Auferstehung auf keinen Fall zu den Akten legen.

Warum nicht? Warum sollte diese Frage der Auferstehung für uns so wichtig sein? Das wird dann erkennbar, wenn wir uns einmal die Frage stellen: „Was hieße es, wenn es wirklich stimmen würde?“ Wenn Jesus wirklich auferstanden ist, dann ist er bestätigt in allem, was er jemals gesagt und getan hat. Und dann stimmt es, was Christen immer sagen: Dass Jesus (dass Gott) wirklich bei uns ist, jetzt in diesem Moment. Nicht nur als schöne Einbildung in unseren Köpfen, sondern wirklich anwesend, ansprechbar und handlungsfähig. Dann ist alles kein religiöser Tick von ein einigen Leuten, sondern dann ist er die allerwichtigste Person, die es gibt. Und die jedem von uns ein persönliches Gespräch mit ihr anbietet.

Dann stimmt es, dass es ein Leben nach dem Tod gibt – und wir dort unsere Zeit entweder mit Gott oder ohne Gott verbringen werden. Dann hat der Tod nicht das letzte Wort! Wenn die Chance besteht – wenn es denkmöglich ist, dass das stimmen könnte, dann ist das eine mehr als nur enorme Perspektive für das Leben jedes Einzelnen von uns. Wenn das mit der Auferstehung wirklich stimmen sollte, dann stimmt es auch, was Christen glauben: Dass wir unseren Tod überleben und es ein Leben danach geben wird. Wie gesagt: Eine gewaltige Perspektive wäre das.

Und wenn es wirklich stimmt, dann sind Christen eben kein Jesus-Christus-Gedenkverein. Könnte man sich ja gut vorstellen. Sie sitzen zusammen, gucken Dias aus dem Leben von Jesus, dazu gibt es Hagebuttentee und Softkekse… Manchmal machen Christen ja auch diesen Eindruck, aber das könnte daran liegen, dass sie manchmal die Realität des Auferstandenen selbst nicht so richtig ernst nehmen. Nein, wenn Jesus wirklich auferstanden ist, dann ist er wirklich in allem bestätigt, dann ist er wirklich, der, der er behauptet zu sein. N.T. Wright schreibt hierzu:

“Die Botschaft der Auferstehung ist, dass diese Welt wichtig ist. Aller Ungerechtigkeit und allem Leid, die wir heute erleben, müssen wir mit der Botschaft entgegentreten, dass Heil, Gerechtigkeit und Liebe gesiegt haben. Wenn Ostern lediglich bedeutet, dass Christus im Geiste auferstanden ist, dann geht es bei Ostern nur um mich und darum, dass ich eine neue Dimension in meinem spirituellen Leben finde. Aber wenn Jesus wahrhaftig von den Toten auferstanden ist, dann ist der christliche Glaube eine frohe Botschaft für die ganze Welt – eine Botschaft, die unsere Herzen gerade deshalb warm macht, weil es in ihr nicht nur um warme Herzen geht.

Ostern bedeutet, dass in einer Welt, in der Ungerechtigkeit, Gewalt und Erniedrigung an der Tagesordnung sind, Gott nicht bereit ist, diese Dinge zu dulden – und dass wir mit all der Kraft Gottes systematisch darauf hinarbeiten, den Sieg Jesu über diese Dinge Gestalt annehmen zu lassen. Man nehme Ostern weg und Karl Marx hatte wahrscheinlich recht mit seiner Behauptung, dass das Christentum die Probleme der realen Welt ignoriert. Man nehme es weg und Nietzsche hatte wahrscheinlich Recht, als er sagte, dass das Christentum nur etwas für Schwächlinge sei.”

Und wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, können Sie gerne einen Kommentar und/oder eine E-Mail schreiben.