Die Evolutionstheorie widerlegt Gott!
Danke für diesen Einwand. Ich sehe allerdings keinen wirklichen Grund dafür anzunehmen, dass die Evolutionstheorie Gott widerlegt. Sicher, knifflig wird es, wenn man davon ausgeht, dass der biblische Schöpfungsbericht ein naturwissenschaftliches Protokoll darstellt. Als solches will er meiner Meinung nach aber gar nicht verstanden werden. Es erscheint mir weitaus plausibler, dass die biblischen Texte eine (in Themen und Sprachform) erkennbare Antwort auf außerbiblische Schöpfungserzählungen aus dem babylonischen Raum sein möchten (z.B. Enuma Elish).
Im Vergleich erkennt man die biblische Aussageabsicht umso besser. So wird in den babylonischen Texten z.B. davon gesprochen, dass Götter miteinander kämpfen, dass die Entstehung der Welt und auch der Menschen eher ein Unfall ist, dass Menschen Sklaven der Götter sind usw. Legt man dann Gen. 1-2 daneben, erkennt man, worum es geht: Es gibt nur einen Gott, er ist nicht Teil der Schöpfung, sondern von ihr verschieden, die Welt ist von ihm in Ruhe und guter Ordnung erschaffen und auch der Mensch ist nicht Sklave, sondern Gesprächspartner Gottes, ja sein “Ebenbild”.
Eine theologisch-anthropologische Aussageabsicht Gottes ergibt meiner Meinung nach auch mehr Sinn, als die Ansicht, Gott wolle uns ein naturwissenschaftliches Protokoll der Erdentstehung und -entwicklung mit auf den Weg geben. Die Bibel ist zweifelsfrei zu großen Teilen ein geschichtswissenschaftliches Werk; warum sie aber auch naturwissenschaftliche Aussageabsichten haben sollte, ist mir wenig einsichtig.
Diesem Verständnis des Schöpfungsberichtes zufolge habe ich als Christ folglich die Freiheit, alle mir vorliegenden Erklärungsansätze kritisch zu prüfen. Und das ist keinesfalls so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint – immerhin gibt es alleine schon aus der “christlichen Szene” weit über 20 verschiedene Ansätze, die es zu untersuchen gilt.
Den einen Pol bilden hierbei die (sicherlich bekannten) „Young Earth Creationists“, die von einer 6-Tage-Schöpfung ausgehen; den anderen Pol besetzen Leute wie der hochrenommierte Genetiker Francis Collins, ehemaliger Leiter des Humane Genome Projects und aktueller Direktor der National Institutes of Health. In seinem Buch „Gott und die Gene: Ein Naturwissenschaftler entschlüsselt die Sprache Gottes“ schildert Collins seine Gründe, weshalb er davon ausgeht, dass christlicher Glaube und Evolutionstheorie vollständig miteinander vereinbar sind.
Meine Bauchschmerzen mit der Evolutionstheorie sind also gar nicht theologischer, sondern eher wahrscheinlichkeitstheoretischer Natur: Die theoretischen Physiker Barrow & Tipler berechnen für das gelingende Übergreifen der verschiedenen Entwicklungsstufen menschlicher Evolution eine Wahrscheinlichkeit zwischen „vier hoch minus 19.800.000“ und „vier hoch minus 39.600.000“. Und wenn ich es richtig überblicke, sehen das andere Forschungsergebnisse nicht viel rosiger. Kurz gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein evolutionärer Prozess glückt, bei dem sich aus der „Ursuppe“ letztendlich der hochkomplexe Organismus „homo sapiens“ entwickelt, konvergiert gegen Null.
Das ist aber nur meine Meinung als biologischer Laie – zudem spielt sie für Ihren Einwand auch keine große Rolle. Festzuhalten bleibt daher: So gut ich Ihren Einwand auch nachvollziehen kann, ein Argument gegen Gott(es Existenz) ist die Evolutionstheorie eher nicht.
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