30. Argument: Die Christenheit selbst!

Ein kurzer und knackiger Einwand, danke. Den kann man natürlich verschieden sehen, z.B. mit den Augen Nietzsches, der sagte: “Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.” Ich glaube allerdings nicht, das ich erlöster aussehen oder fröhlichere Lieder singen muss, damit andere Leute mir mein Christsein abnehmen. Sicher: Man kann nach außen freundlich lächeln und den “Strahlemann” geben – aber tief im Innern trotzdem ein unglücklicher oder unzufriedener Mensch sein. Nein, ich möchte mir keine fromme Maske aufsetzen oder mich stets gut gelaunt präsentieren müssen, damit Menschen interessiert am christlichen Glauben sind. Und selbst wenn: Nur weil ich “erlöst” aussehe, heißt das noch lange nicht, dass das Ganze auch stimmt. Die Wahrheitsfrage bleibt ja:

“Ist dieser Gott, der erlösen kann, wirklich existent und lebendig oder nicht?”

Man kann mit dem Einwand aber auch auf die Tatsache abzielen, dass es der Christenheit nie an arroganten Menschen gefehlt hat. Wahrheitsansprüche sind stets ein Magnet für Arroganz und ethische Absolutheitsansprüche immer ein Magnet für Moralisten. Und natürlich sind nicht wenige Christen überaus arrogant, manchmal sogar unerträglich. Leider. Ich denke aber, dass es hierzu zwei entscheidende Frage gibt. Erstens: Ist dieses Verhalten überhaupt “bibel-kompatibel”? Ich denke nein. Christen können nur dann intolerant und arrogant sein, wenn sie das Herz des Evangeliums nicht verstehen, nämlich dass Gott in Jesus selbst in die Welt kam, um uns zu dienen und für uns zu sterben – nicht, weil wir alle so gut und fehlerlos sind, sondern als ein Geschenk unverdienter Gnade.

Eine Anmerkung hierzu. Ich lese in der Bibel auch nichts davon, dass Jesus Christen dazu auffordert, tolerant zu sein. Nein, Christen sollen nicht tolerant sein – sondern viel mehr als das: Christen sollen jeden Menschen aufrichtig lieben – selbst die, die ihnen nicht freundlich gesonnen sind. In den Sprüchen lesen wir etwa: „Freue Dich nicht über den Fall Deines Feindes und Dein Herz sei nicht froh über sein Unglück.“ Intoleranz und Arroganz haben im Leben eines Christen nichts zu suchen – und wenn wir es doch finden, dann ist es ganz und gar nicht “im Sinne des Erfinders”.

Zweitens: Natürlich gibt es viele Christen, die überaus arrogant sind. Und wir hören sie z.B sagen: “Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er Jesus, seinen einzigen Sohn für sie hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat und nicht verloren geht.” Aber muss die christliche Botschaft automatisch falsch sein, nur weil es Christen gibt, die arrogant und unerträglich sind? Ich sehe da keinen wirklichen Zusammenhang. Natürlich hat Arroganz im Christenleben nichts zu suchen, aber selbst wenn sie vorkommt, macht sie ja noch nicht zwangsläufig auch seine Botschaft falsch. Es bleibt also dabei, die Wahrheitsfrage bleibt nach wie vor unbeantwortet.

Und zumindest ich denke, dass es kein wirklich guter Grund ist zu sagen: Die Botschaft der Christen ist falsch, weil es unter ihnen arrogante Vertreter gibt. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.