Argument 37: Wenn der Mensch echte Willensautonomie besitzt und Gott 100% allmächtig ist, wie kann dann Gott echte Willensfreiheit zulassen, er ist doch dann im Bezug darauf nicht mehr allmächtig, oder?

Danke auch für diesen Einwand. Natürlich spricht die Bibel davon, dass Gott allmächtig ist, aber im gleichen Atemzug spricht sie auch davon, dass Gott z.B. nicht in der Lage ist zu lügen. Oder auch nicht, sich selbst untreu zu sein. Im biblischen Sinne ist das aber kein Widerspruch, weil hier „Allmacht“ gar nicht so verstanden wird, dass Gott in der Lage ist, alles tun oder lassen zu können, was man sich vorstellen kann. Nein, wenn in der Bibel von Gottes Allmacht gesprochen wird, ist damit gemeint:

Gott ist allmächtig, weil er in seinem Handeln keinen äußeren Zwängen unterworfen ist, sondern nur sich selbst.

Wenn die Bibel sagt, dass Gott allmächtig ist, meint sie damit, dass er keinem Diktat einer äußeren Macht untersteht – sondern nur sich selbst. Es gibt also nichts und niemandem außer ihm selbst, von dem Gott sich etwas vorschreiben lassen muss. Das nennt die Bibel (vollkommen zu Recht) „allmächtig“. Dass Gott z.B. nicht lügen kann, hat seine Ursache also nicht darin, dass ihm das von einer anderen Instanz auferlegt wird. Das einzige, was Gott zur Wahrheit verpflichtet, ist er selbst.

Auf unseren Fall gemünzt: Dass Gott seinen Handlungsspielraum zugunsten unserer Entscheidungsfreiheit einschränkt, hat seine Ursache nicht darin, dass ihm das von außen diktiert wird. Das einzige, was ihn dazu veranlasst, ist er selbst. Wie gesagt: Gott ist allmächtig, weil es nichts und niemandem außer ihm selbst gibt, von dem er sich etwas sagen lassen muss. Die einzige Beschränkung der Allmacht Gottes kommt also aus ihm selbst heraus, er muss sich keinem äußeren Zwang beugen.

Warum beschränkt sich Gott aber selbst? Christen sagen: Gott wünscht sich nichts Sehnlicheres als eine echte und vertrauensvolle Beziehung zu seinen Geschöpfen, uns Menschen. Das ist es, was Gott am allermeisten will. Und damit solch eine Beziehung auch wirklich echt ist, muss sie aus absolut freien Stücken eingegangen werden. Vertrauen kann man nun einmal nicht erzwingen. Da Gott aber keine Welt erschaffen kann, in der er jemanden dazu zwingen kann, etwas freiwillig zu tun (denn solch eine Welt wäre ein Widerspruch in sich und damit logisch unmöglich), muss er seinen vollkommenen Handlungsspielraum uns zur Liebe zurückstellen, damit wir frei sein können. Kratzt das an Gottes Allmächtigkeit? Zumindest nicht nach dem biblischen Allmachtsverständnis.