Ich beginne einmal mit einem der großen Philosophen des ausgehenden 20. Jahrhunderts, mit – Hägar dem Wikinger. Hägar der Wikinger, zusammen mit seinem Freund Sven Glückspilz, steht unter einem atemberaubenden Sternenhimmel. Es ist mitten in der Nacht. Die Luft ist kristallklar, der Himmel ist übersät mit Tausenden und Abertausenden von Sternen. Hägar sagt: „Wenn man sich all diese Sterne anguckt, und dann uns im Vergleich dazu – da kann man schon nachdenklich werden.“ Sein Freund Sven Glückspilz sagt: „Stimmt. Die sind alle so klein, und wir so groß.“

Die Welt kann uns staunen machen – nicht nur im Großen, wenn wir uns den Sternenhimmel angucken, sondern die Welt kann uns auch schon im ganz Kleinen staunen machen. Zum Beispiel der Geschmack von frischer Nachtluft in der eigenen Wohnung.  Staunen machen kann uns auch die Art und Weise, wie sich bei einem lieben Menschen das Gesicht verändert, wenn er einen richtig guten Witz hört. Falten breiten sich langsam um die Lippen und Mundwinkel aus und dann über das ganze Gesicht, bis das ganze Gesicht ein einziges Grinsen ist.

Oder Staunen machen kann uns an einem kalten Wintertag, wenn man so richtig ausgehungert ist, der Geschmack von Ananasstückchen auf einer dampfenden Pizza. (Vielleicht geht es ja nur mir so.) Christen sagen:

Es ist kein Zufall, dass wir staunen.

Es ist kein Zufall, dass wir staunen, denn wir staunen über Gottes Einfallsreichtum. Wenn wir in die Welt sehen, im Großen und im Kleinen, dann staunen wir über Gottes Kreativität und Fantasie. Die Naturwissenschaftler sagen uns: Es gibt über 60 Kriterien dafür, dass auf dieser Welt, auf diesem Planeten Erde Leben entsteht. Diese über 60 Kriterien müssen punktgenau getroffen werden, damit Leben möglich ist. Und sie werden punktgenau getroffen, was ungeheuer unwahrscheinlich ist. Zum Beispiel sagt uns die Naturwissenschaft, dass es auf dieser Welt kein Leben gäbe,

  • wenn die Erdrotation schneller oder langsamer wäre oder
  • wenn die Erde zwei Prozent näher am Mond wäre oder zwei Prozent weiter weg oder
  • wenn die Sonnenstrahlung auf der Erde sich auch nur um ein Prozent verändern würde oder
  • wenn Bayern München tatsächlich unbesiegbar wäre oder
  • wenn der Mond kleiner oder größer wäre oder wenn es nur einen Mond gäbe oder
  • wenn die Erdkruste dünner oder dicker wäre oder
  • wenn der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre größer wäre,

dann wäre auf dieser Welt kein Leben möglich. Das ist alles nicht der Fall! Das ist alles nicht der Fall, und das soll alles Zufall sein? Christen sagen:

Es ist kein Zufall, dass wir staunen, denn es ist kein Zufall, dass wir da sind.

Auch wenn Ihnen der Gedanke fremd ist, bitte ich Sie, den Gedanken nur mal für einen Augenblick zuzulassen, nur testweise: Was hieße das, wenn das stimmte, dass es kein Zufall ist, dass wir da sind?

Dann hieße das doch wohl, dass die Welt gewollt ist und dass auch wir, dass auch Sie selbst gewollt sind. Dass Ihr Leben, Ihre Existenz nicht eine Zufälligkeit des Universums ist, eine winzige Fußnote in der Geschichte des Universums. Und dann hieße das, dass Sie nicht einfach nur H²O sind (nur ein bisschen komplizierter), und das H²O macht sich irgendwelche Gedanken und verfolgt Pläne und Ziele. Sondern dann hieße das, dass Ihre Existenz gewollt ist. Das glauben Christen, dass hinter unserer Existenz ein liebender, planender Wille steht.

„Moment“,sagen jetzt manche, ich könnte mir vorstellen, das einige von Ihnen das in Gedanken auch sagen: „Moment, der Glaube an einen Schöpfer, der ist doch nun wirklich durch die Naturwissenschaft widerlegt.“ Das sagen manche Menschen. „Der Glaube an einen Schöpfer ist doch widerlegt“, sagen sie, denn am Anfang war der Knall – am Anfang war der Urknall. Am Anfang hat sich das Universum in einem einzigen Energieball konzentriert, von unvorstellbarer Intensität und dann in einem unglaublich kurzem Moment, nämlich in 10-30 Sekunden, hat sich diese Energie ausgeweitet und der Raum entstand. Zehn hoch minus dreißig Sekunden das ist ein Moment, der ist ungefähr so kurz: Schup!

So schnell ging das. Als erstes entstand dann die Ursuppe aus Quarks und Gluonen und Leptonen, hätte mich interessiert, wie die wohl geschmeckt hat. Nach ungefähr einer weiteren zehntausendstel Sekunde entstanden Protonen, Neutronen und Elektronen. Dann dauerte es eine ganze Weile und dann zeigte irgendwann die Schwerkraft Wirkung, die Schwerkraft bremste die ungeheure Ausdehnung des Raumes; irgendwann verlangsamte sie. Nach ungefähr einer Milliarde Jahren entstehen Galaxien, Sterne, Planeten, Sonnensysteme. Nach einer weiteren Zeit entstehen irgendwann auch unsere Galaxie, unser Sonnensystem.

Dann dauert es wieder eine ganze Weile, bis auf unserem Planeten die ersten Organismen entstehen; Einzeller, Fische, Meerestiere, Landtiere, Säugetiere.  Irgendwann vor rund Hunderttausend Jahren unserer Zeitrechnung tritt der Mensch auf – homo sapiens – der bis heute so unterschiedliche Exemplare ausgebildet hat wie Richard von Weizsäcker und Dieter Bohlen.

Das ist die Geschichte des Universums, sagt die Naturwissenschaft. Manche gehen sogar noch weiter und sagen: „Vielleicht gab es ja nicht nur dieses eine Universum, sondern vielleicht gibt es viele Universen, die ständig vergehen und wieder neu entstehen.“ Dann wäre der Urknall gar nicht der Urknall, sondern nur so eine Art Blubbern in der Geschichte von vielen Universen. Ich finde diese Theorie persönlich hoch interessant. Denn wenn das wirklich so wäre, dass es verschiedene Universen gäbe, hätte ich ein paar Wünsche anzumelden, wie das Leben in den anderen Universen aussieht. Zum Beispiel würde ich mir ein Universum wünschen, in dem regelmäßiger Verzehr der Eissorte Cookies and Cream meine Fitness erhöht. Das ist so eine kleine Vorstellung, die ich habe.

Manchen Menschen sagen nun: „Wenn wir uns die Geschichte des Universums, wie sie die Naturwissenschaft zeichnet, einmal angucken – wie soll man dann noch an einen Schöpfer glauben, der durch sein Wort die Welt erschafft, in kurzer Zeit, der einfach sagt: ‚Hiermit beschließe ich eine Welt‘, und schon ist sie da? Wie soll das gehen? Muss man nicht seinen Verstand in den Ruhezustand schalten, damit man das denken kann?“

Diese Sorge kann man ja haben, dass, wenn man sich mit dem christlichen Glauben und dem Glauben an einen Schöpfer beschäftigt, dass man dann am besten seinen Verstand auf Standby schalten sollte. So wie in der berüchtigten Bibelstunde, von der ich mal gehört habe:

In dieser Bibelstunde liest ein Pfarrer aus der Bibel vor: „Und Eva war“ – und dann blättert er weiter – „300 Ellen lang, 50 Ellen breit und 50 Ellen hoch. Und von innen und außen war sie ganz mit Pech beschmiert.“ Er hat aus der Geschichte von Adam und Eva vorgelesen, hat dann aus Versehen zu weit geblättert und ist bei der Geschichte von der Arche Noah gelandet. Und jetzt versucht er verzweifelt, diesen Text auszulegen. Er sagt also: „Nun gut: Dass Eva 300 Ellen lang und 50 Ellen breit und 50 Ellen hoch war, das können wir uns durchaus vorstellen. Denn sie war immerhin die Mutter des Menschengeschlechtes. Aber dass Eva von innen und außen ganz mit Pech beschmiert war – das können wir uns nicht vorstellen. Das müssen wir einfach glauben.“

Diese Sorge kann man ja haben: Wenn man sich mit dem Glauben an einen Schöpfer befasst, dass dann der eigene Verstand ausgeschaltet werden soll.

An dieser Stelle möchte ich einmal ein Missverständnis klären, das immer häufiger anzutreffen ist. Ich möchte also eine Klarstellung anbringen, und sie lautet: Wenn wir Christen von der Schöpfung reden, dann geht es uns in erster Linie um das Warum dieser Welt und nicht um das Wie der Entstehung dieser Welt.

Die Bibel ist eindeutig darin, dass Gott diese Welt erschaffen hat, dass er mit dieser Welt etwas vor hat, dass er auf diese Welt einwirkt; nicht nur am Anfang, sondern die ganze Zeit. Darin sind sich Christen einig. Das heißt aber noch lange nicht, dass Christen darauf festgelegt sind, dass sich das in einer ganz bestimmten Weise ereignet hat. Das entspricht zumindest nicht den realen Bedingungen an Meinungen zum Thema. Die Bibel jedenfalls, so denke ich zumindest, ist an der Wie-Frage gar nicht so sehr interessiert. Der Bibel geht es gar nicht um das Wie, sondern um das Warum. Deswegen braucht man die biblischen Schöpfungserzählungen auch nicht wie einen naturwissenschaftlichen Bericht zu lesen. Weil die Bibel gar nicht etwas darüber aussagen will, wie das im einzelnen naturwissenschaftlich zu beschreiben ist. Die Bibel hat hier gar kein Interesse an dieser Frage.

Ich meine, das werden Sie wissen: dass unterschiedliche Arten von Texten unterschiedliche Aussageabsichten haben. Und wenn man die Texte richtig verstehen will, muss man die Aussageabsicht kennen.

Stellen wir uns zum Beispiel vor, ich nehme ein Telefonbuch zur Hand, dann habe ich ganz bestimmte Erwartungen an dieses Buch. Ich habe die Erwartung, dass die Namen in diesem Buch alphabetisch geordnet sind, dass sich in diesem Buch zu jedem Namen eine Telefonnummer und vielleicht auch Adresse und Postleitzahl befinden. Ich habe aber nicht die Erwartung, dass mir das Telefonbuch erklärt, wie ein Telefon aufgebaut ist, wie die Schaltungen in einem Telefon verdrahtet sind. Ich habe auch nicht die Erwartung, dass mir ein Telefonbuch erklärt, wie ich ein Telefongespräch zu führen habe. Ich meine, es wäre zwar hilfreich, wenn in einem Telefonbuch stünde: „Wenn das Telefon klingelt und Sie abheben, sagen Sie nicht einfach: ‚Ja bitte?‘, sondern melden Sie sich mit ihrem Namen.“ Es ist immer toll, wenn Leute sagen: „Ja bitte?“; man weiß dann gar nicht, wen man am Telefon hat. Es wäre also vielleicht hilfreich, wenn das in einem Telefonbuch stünde, aber das ist nicht die Aussageabsicht des Buches.

Oder stellen wir uns vor: Ich schließe meinen Briefkasten auf und finde im Briefkasten einen Brief, auf dem ist die Adresse von Hand geschrieben, mit einer Schrift die mir sehr vertraut ist. Ich gucke auf den Absender und ich merke, dieser Brief kommt von der Frau, die ich liebe. Ich weiß genau, was ich mit diesem Brief mache. Ich renne hoch in meine Wohnung, lasse alles stehen und liegen, setze mich hin, nehme den Brief aus dem Kuvert und lese ihn. Ich habe ganz bestimmte Erwartungen an einen solchen Brief, zum Beispiel, dass diese Frau, die ich liebe, mir etwas über sich erzählt, etwas über unsere Beziehung und wie sie zu mir steht. Ich habe aber nicht die Erwartung, dass sie mir einen kurzen Abriss gibt über die Soziologie der Geschlechterforschung. Das wäre ein etwas seltsamer Liebesbrief.

Bei der Bibel ist das genauso. Die Bibel erzählt davon, dass Gott diese Welt erschafft, aber die Bibel ist an dieser Stelle nicht ein naturwissenschaftliches Verlaufsprotokoll. Sie hat eine ganz andere Aussageabsicht. Das merkt man, wenn man die biblischen Erzählungen über die Schöpfung mit anderen Texten aus der Umwelt der Bibel vergleicht, die auch über Schöpfung reden. Nicht nur das Volk Israel, aus dem die biblischen Texte des Alten Testamentes kommen, hat ja über die Schöpfung geredet. Sondern auch die Nachbarvölker, zum Beispiel die Babylonier, die hatten auch ihre Schöpfungserzählungen. Bei den Babyloniern gibt es z.B. eine Schöpfungserzählung, die besagt: Die Welt entstand dadurch, dass mehrere Götter miteinander kämpften. Aus dem Blut der Götter in diesem Kampf entstand die Welt und entstanden die Menschen. Die ganze Welt ist demnach ein Unfall, sie hätte eigentlich gar nicht entstehen dürfen, und der Mensch in dieser Welt ist Sklave der Götter.

Soviel zu den Babyloniern. Wenn man daneben nun die biblische Schöpfungserzählung legt, dann merkt man: Es geht hier nicht um den naturwissenschaftlichen Ablauf, sondern es geht um etwas ganz anderes. Denn da heißt es nun: „Am Anfang schuf Gott Himmel, und Erde und die Erde war wüst und leer. Finsternis lag über den Wassern, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Und Gott sagte : Es werde Licht! Und es wurde Licht. Und Gott sah: Das Licht war gut“, und so weiter. Da wird erzählt, wie Gott eins nach dem anderen in dieser Welt schafft, Gestirne, die Welt, die Erde, Tiere, Menschen, als letztes macht er erst mal einfach Pause. Wenn man diese beiden Texte vergleicht, die babylonische Schöpfungserzählung und die biblische, dann merkt man, es geht in der Bibel nicht um die Frage, was passiert in welcher zehntausendstel Sekunde und welche Art entstand nach welcher Art. Sondern es geht darum, dass Gott diese Welt gemacht hat, dass hinter dieser Welt der liebende und planende Wille Gottes steht. Es geht darum, dass diese Welt eine Ordnung hat, dass sie nicht einfach zufällig ist.

Ich meine, ich glaube ja auch, dass Gott mich einzigartig geschaffen hat. Ich glaube, dass Gott irgendwann mal seine Kreativität zusammen genommen hat und gesagt hat: „Jetzt mache ich etwas, was es bisher noch nicht gab, jetzt mache ich Stephan Lange.“ Und ich könne mir vorstellen, dass dabei so ein leicht ironisches Lächeln über sein Antlitz ging. Ich glaube, dass Gott das über jedem von Ihnen auch gesagt hat. Und ich glaube zugleich, dass ich das Produkt der Gene meiner Eltern bin. Gott hat mich einzigartig geschaffen, und ich bin das Produkt der Gene meiner Eltern und der Erziehung meiner Eltern und meines sozialen Umfelds. Je älter man wird, um so mehr stellt man ja fest, wie viele Eigenschaften man von seinen Eltern übernimmt, auch wenn man das gar nicht immer will. Zum Beispiel: Das leise Seufzen, das ich von mir gebe, das ich von mir gebe, wenn ich mich wohlig in einen Sessel niederlasse, erinnert mich fatal an das gleiche Seufzen, das mein Vater von sich gibt, wenn er sich wohlig in einen Sessel niederlässt.

Ein Problem habe ich mit der ganzen naturwissenschaftlichen Erklärung der Welt nur da, wo die Naturwissenschaft sagt: „Weil wir das Wie erklären können, können wir auch die Warum-Frage beantworten.“ Wenn Naturwissenschaft das behauptet, dann ist das ein Denkfehler. Denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wenn ich erkläre, wie ein Organismus funktioniert, wie eine Maschine funktioniert, wie sich bestimmte Naturgesetze verhalten, dann habe ich damit überhaupt nichts über ihre Ursache gesagt. Im Gegenteil: Wenn man sich die großen Physiker und Naturwissenschaftler des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart anschaut, dann trifft man dort auf erstaunlich viele Menschen, die gesagt haben: „Gerade dadurch, dass ich mich so intensiv mit dem Wie beschäftigt habe, damit, wie diese Welt erschaffen ist – gerade dadurch bin ich ins Staunen und ins Fragen gekommen. Und gerade dadurch merke ich: Die Warum-Frage ist nicht so leicht zu beantworten, und der Glaube an einen Schöpfer ist ziemlich plausibel.“

Der amerikanische Physiker Freeman Dyson hat gesagt: „Je mehr ich das Universum und die Details seiner Architektur untersuche, desto mehr Belege finde ich dafür, dass das Universum in gewisser Weise gewusst haben muss, das wir kommen.“ Wie gesagt: Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass auf diesem Planeten Leben entsteht, ist so minimal, ein rasiermesserscharfer Grat, der da getroffen worden ist. Das kann einen staunen machen. Der englische Physikprofessor John Polkinghorne hat gesagt: „Wir leben in einer Welt, deren Existenz man entweder durch einen außerordentlichen Zufall erklären kann, oder durch ein Viele-Welten-Modell der Quantenphysik oder durch einen Schöpfungsakt.“ Und er sagt selbst, dass aus seiner Sicht die Erklärung durch einen Schöpfungsakt die plausibelste ist. Er sagt sinngemäß: Das ist eine Frage, die die Physik nicht beantworten kann. Die Physik kann die Frage nur stellen, beantworten kann die Physik diese Frage nicht.

Und es war mit diese Frage, die diesen John Polkinghorne, einen der renommiertesten Wissenschaftler im gegenwärtigen England, dazu gebracht hat, nachdem er jahrelang Professor für Physik gewesen war, Christ zu werden und mit 49 Jahren Theologie zu studieren. Jetzt hat er eine Doppelqualifikation als Physiker und Theologe, das ist für ihn kein Widerspruch. Merken Sie, es ist überhaupt nicht abwegig, einen Schöpfer zu denken, es ist nicht abstrus. Es ist nicht etwas für irgendwelche abwegigen Wirrköpfe, sondern es ist geradezu beunruhigend plausibel. Es ist nicht eine Beleidigung Ihres Verstandes, sondern es ist ziemlich plausibel.

Und das Beste ist, der christliche Glaube bleibt an dieser Stelle nicht stehen. Sondern der christliche Glaube sagt: Der, den wir den Schöpfer nennen, das ist nicht eine unpersönliche Kraft, das ist nicht ein Etwas, sondern das ist ein Jemand, eine Person. Gott der Schöpfer ist eine Person, Gott der Schöpfer hat Absichten und Eigenschaften, ja er hat sogar etwas wie Sehnsucht. Gott hat Sehnsucht nach seinen Geschöpfen und deswegen kann diesem Gott etwas fehlen. Gott kann etwas fehlen, wenn er keinen Kontakt zu seinen Geschöpfen hat. Und deswegen, sagt der christliche Glaube, kommt Gott auf unsere Ebene. Der ewige, unvorstellbare Schöpfer der Welt kommt auf unsere Ebene herunter und wird selbst einer von uns. Gott wird ein Mensch.

Warum? Warum, nach christlicher Überzeugung, hat Gott das gemacht? Wie kam er darauf? Ich möchte das gerne an einem Bild verdeutlichen, das ein kleines bisschen albern ist und ein kleines bisschen konstruiert. Aber ich finde, es ist eine schöne Veranschaulichung. Stellen wir uns mal vor: Da gibt es ein paar Ameisen die leben auf meiner Handfläche. Und stellen wir uns vor, diese Ameisen unterhalten sich über die Existenz von Stephan Lange (das bin ich). Stellen wir uns weiter vor, da gibt es ein paar gläubige Ameisen die sagen: „Ich bin sicher, dass Stephan Lange existiert, ich kann ihn deutlich spüren.“ Und dann gibt es ein paar skeptische Ameisen, die sagen: „Naja, vielleicht ist Stephan Lange auch nur eine Illusion.“ Stellen wir uns jetzt vor (hier kommt das Beispiel an eine Grenze), stellen wir uns vor: Ich liebe diese Ameisen. Heiß und innig. Und ich möchte mit ihnen Kontakt aufnehmen. Ich möchte ein Gespräch mit ihnen beginnen. Ich möchte mich ihnen eindeutig mitteilen, so dass wir eine vertrauensvolle Beziehung eingehen können.

Dann habe ich mehrere Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit: Ich klatsche einmal kräftig in die Hände. Dann habe ich mich den Ameisen eindeutig mitgeteilt. Aber damit ist das Gespräch auch schon wieder vorbei. Die zweite Möglichkeit: Ich beuge mich dicht über meine Handfläche und sage laut: „HALLO?!“ Dann sind die Ameisen wahrscheinlich taub (ich habe ja gesagt, das Bild ist ein bisschen albern). Und die dritte Möglichkeit: Ich müsste es schaffen, auf ihre Ebene zu kommen. Eine von ihnen zu werden, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, damit sie so ein vertrauensvolles Gespräch mit mir überhaupt beginnen können.

Der christliche Glaube sagt: So ähnlich kann man sich das vorstellen, wenn wir sagen, dass Gott Mensch geworden ist. Gott kommt auf unsere Ebene, der ewige unvorstellbare Schöpfer wird selbst ein Mensch, und zwar in der Person Jesus Christus. Deswegen reden wir Christen immer von Jesus, nicht weil wir Jesus-Fans wären, sondern weil wir glauben, der ewige unvorstellbare Schöpfer hat an dieser einen Stelle in der Geschichte des Universums eindeutig gesagt, wer er ist: „Ihr wollt wissen, wie ich bin und wer ich bin? Schaut auf diesen Jesus, diesen Wanderprediger in Israel des ersten Jahrhunderts eurer Zeitrechnung – so bin ich. Wenn ihr wissen wollt, was ich über euch Menschen denke, schaut euch an, was Jesus tut und sagt. Wenn ihr wissen wollt wie ich mit euch Menschen umgehe, schaut euch an, wie Jesus mit Menschen umgeht.“ Und dieser Jesus sagt von sich genau das, er sagt: „Wer mich sieht, der sieht Gott den Vater“ – den Schöpfer. „Wer mich sieht, sieht den Vater“ – das heißt wir haben in Jesus den Schöpfer vor Augen.

„Stumpft der Mensch vom Gaffen ab?“ – ich glaube nicht, dass der Mensch abstumpfen muss, sondern ich glaube, das Schauen lehrt ihn das Staunen. Wir Menschen sind dazu in der Lage, zu schauen und zu staunen, deswegen müssen wir nicht abstumpfen, sondern wir sind durchaus in der Lage, uns Gedanken zu machen. Wir sind in der Lage zu ahnen. Ich glaube: Wir sind in der Lage zu ahnen, dass es so etwas wie einen Schöpfer gibt. Und wenn Sie diesen Gedanken einmal ausprobieren möchten – nur testweise –, dann brauchen Sie gar nicht nur über den Urknall nachzudenken und über die Geschichte der Galaxien. Sondern Sie brauchen eigentlich nur einmal ganz ruhig zu werden. Denn der christliche Glaube sagt: Gott der Schöpfer war nicht nur am Anfang dafür zuständig, dass diese Welt in Gang kam. Er hat nicht einfach nur ein riesiges Uhrwerk aufgezogen.

Sondern Gott der Schöpfer ist in jedem Moment, in jeder Sekunde dafür zuständig, dass diese Welt weiterläuft, so heißt es in der Bibel. Gott bläst seinen Lebensatem in seine Geschöpfe, und wenn er das auch nur eine Sekunde unterlassen würde, dann würde diese ganze Welt wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Gott erhält in jedem Moment die Naturgesetze dieser Welt aufrecht, und wenn er das nur eine Sekunde unterlassen würde, würde alles in sich zusammenbrechen.

Und deswegen, wenn Sie den Schöpfer ahnen wollen, brauchen Sie nur einmal ganz ruhig zu werden, ganz ruhig und auf das Ticken Ihrer Uhr zu hören, hören Sie mal hin: Bitteschön, sagt der Schöpfer, diese Sekunde ist ein Geschenk an Dich. Gern geschehen, keine Ursache, mach was draus. Bitteschön, gern geschehen, keine Ursache. Wenn Sie noch ruhiger werden, dann brauchen Sie nur auf das Geräusch des Atems in Ihren Lungen zu hören, dann hören Sie wie der Schöpfer in jeder Sekunde Lebensatem in Sie hineinbläst.

Und wenn Sie noch ruhiger werden, dafür müssen Sie vielleicht heute Abend zu Hause kurz die Finger in die Ohren stecken – dann hören Sie das Rauschen des Blutes in Ihren Blutbahnen. Und Sie können ahnen, wie Gott der Schöpfer in jeder Sekunde Ihre Lebensfunktionen aufrecht erhält. Das ist alles ein Geschenk an Sie.

„Stumpft der Mensch vom Gaffen ab?“ – ich glaube: Nein, nicht unbedingt. Ich glaube: Der Mensch kann ahnen, er kann seinen Schöpfer ahnen, er kann seinen Schöpfer kennen lernen, und wenn er ihn wirklich kennen lernen will, dann kann er das, wenn er der Person Jesus begegnet. Wenn Sie wissen möchten, wie das funktioniert, dann stellen Sie Christen ihre Fragen und kommen Sie mit Ihnen ins Gespräch.